Die Pro-Gaming-Szene in Südkorea
Um zu verstehen, warum Südkorea gemeinhin als das Mekka des Pro-Gaming angesehen wird, ist es zunächst hilfreich, sich den gesellschaftlichen Hintergrund der professionellen Videospielszene anzuschauen. Dabei wird relativ schnell ersichtlich werden, dass nicht nur das Pro Gaming an sich sondern auch das Spiel an sich in Südkorea auf einer breiten gesellschaftlichen und historischen Basis beruht.
In diesem Artikel bringen wir euch die südkoreanische Pro-Gaming-Szene näher, erklären die Hintergründe und präsentieren euch die bekanntesten Pro Gamer.
Hintergrund der Bedeutung des Spielens in Südkorea
Das Spielen blickt in Südkorea auf eine jahrhundertelange Tradition und dient – im Unterschied zu den meisten europäischen Kulturen nicht bloß dem eigenen, privatem Vergnügen, sondern kann, besonders in ländlichen Regionen sogar gesellschaftliche Bedeutung annehmen.
Bestes Beispiel dafür ist das zum koreanischen Neujahrsfest aufgetragene Tauziehen, bei dem in volksfestartiger Atmosphäre Männer und Frauen gegeneinander antreten. Obwohl der Spaßfaktor nunmehr im Vordergrund steht, verdient sich der Sieger oder die Siegerin viel Prestige und Ansehen von Seiten der Gemeinde. Daher heißt es, dass die körperlich eigentlich unterlegenen Frauen sich noch mehr anstrengten.
Auch Brettspiele wie das berühmt Go (jap. igo, kor. baduk), das vergleichbar mit der europäischen Dame ist, erfreut sich schon seit jeher größter Beliebtheit und wird live im Fernsehen übertragen. Dass die Meister dieses Spiels wie Sportstars in Europa gefeiert werden, zeigt den hohen Stellenwert der Spielkultur und liefert einen guten Vergleich.
Die Online-Gesellschaft Südkorea
Südkorea ist das Land mit der höchsten Internetzugangsrate weltweit. Jeder südkoreanische Haushalt hat Zugang zum Internet. Ähnlich hoch ist auch die Nutzungsrate des Internets. So verbringt jeder Koreaner im Schnitt zwei Stunden täglich im Internet, die für das Schauen von Filmen, das Hören von Musik, das Nachrichtenlesen und natürlich das Pro-Gaming genutzt werden.
Möglich gemacht haben das ein groß angelegter Subventionsplan der südkoreanischen Regierung Anfang der neunziger Jahre, die Milliarden in den Ausbau des Breitbandnetzes und der Infrastruktur investierte. Da sie Handynutzung ähnlich intensiv ist, ist in Südkorea immer eine Handyladestation in Reichweite.
Der Begriff Pro-Gaming
Als Pro-Gaming wird im Allgemeinen jede Art von professionell betriebenem Spielen von Videospielen bezeichnet. Professionell heißt dabei, dass die Spieler ihren Lebensunterhalt mit dem Pro-Gaming verdienen. Dies gelingt in ganz Südkorea aber schätzungsweise nur 50 Spielern, gar nur zehn davon verdienen mehr als 100.000 € im Jahr.
In Südkorea findet (Pro-)Gaming fast ausschließlich am PC statt. Das erklärt sich durch aus dem bis heute angespannten Verhältnis zwischen Südkorea und Japan wegen Jahrhunderte währender Kriege. Dementsprechend hält Südkorea seit Jahrzehnten Importbeschränkungen und hohe Importzölle auf japanische Produkte aufrecht.
Ein Pro-Gamer verdient seinen Lebensunterhalt dabei nicht nur durch Preisgelder, sondern auch durch Sponsoring und Werbeverträge. Auch die Events selbst, zu denen nicht selten 20.000 Besucher (bei großen Events sogar 100.000 Besucher) kommen werden dementsprechend auch von Sponsoren, meist Telekommunikationsanbietern gesponsert, die auch ihre eigenen Teams stellen und als die zahlungskräftigsten mit den besten Gamern gelten.
Die Spiele der Pro-Gamer in Südkorea
Das mit Abstand populärste Videospiel in Südkorea ist Starcraft, das auch mehr als 18 Jahre nach seinem Erscheinen Millionen Südkoreaner in seinen Bann zieht. Trotz seines hohen Alters ziehen die Südkoreaner Starcraft deutlich Warcraft III und Counter-Strike vor, das immerhin das beleibteste Onlinespiel der Welt ist.
Die wesentlich später erschienenen Warcraft III und Counter-Strike konnten sich hinter dem Branchenprimus Starcraft in Südkorea etablieren, während andere Spiele es eher schwer haben. Das mag wiederum an den erschwerten Importbedingungen für japanische Technologie liegen.
Die Starcraft-Manie geht in Südkorea sogar so weit, dass buchstäblich jedes Kind die aktuellen Starcraft-Champions kennt und diese bei öffentlichen Auftritten von Fans umringt werden.
Gespielt wird Starcraft nicht wie Counter-Strike in Teams, sondern meist im Duell Eins gegen Eins und aus der Sicht eines Verfolgers. Das hat zur Folge, dass die Einzelspieler ihre Qualitäten besser unter Beweis stellen können und die Zuschauer mit Tricks zu begeistern versuchen.
Die besten Pro-Gamer Südkoreas
Slayersboxer
Lim Yo-hwan, Spitzname „Slayersboxer“ gilt schon seit dem Erscheinen von Starcraft 1997 als einer der weltweit erfolgreichsten Starcraft-Spieler und Pro-Gamer. Er gewann zahlreiche internationale Titel, darunter zweimal in Folge die World Cyber Games (2001 und 2002).
Berühmt wurde Slayersboxer vor allem dadurch, dass er die Terranische Rasse, eine Kriegerrasse in Starcraft, die bis dahin als die schwächste von allen galt, zu unzähligen Triumphen führte. Daher genießt er in der südkoreanischen Starcraft-Szene auch den Spitznamen Emperor of Terran. Als seine Stärke gilt das sogenannte Micromamanagement, also die Koordinierung einzelner Befehle. Hier erreichte er schon Zahlen von 400 Actions (Befehle) pro Minute.
Lim Yo-hwan ist in Südkorea so beliebt, dass über 600.000 Menschen seinem Fanclub angehören und eine DVD-Sammlung mit seinen besten Momenten existiert.
Bomber
Choi Ji Sung, Spitzname „Bomber“ gilt gemeinsam mit dem Slayersboxer als der erfolgreichste Starcraft-Spieler und Pro-Gamer aller Zeiten.
Als einer von drei Koreanern gewann er die mittlerweile nicht mehr stattfindenden World Cyber Games (2001; 2006 in Dawn of War).
Auf das Konto der Terraners gehen zudem zahlreiche andere nationale Titel sowie Triumphe bei internationalen Gaming-Events wie der 2011 LG Cinema 3D Global StarCraft II League May.